
Was mich an der aktuellen Diskussion bewegt
27. Januar 2025
Amtsübergabe I Künftiger Verbandsvorsitz bei der Filderwasserversorgung
3. März 2025Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Kriegsbeginns gegen die Ukraine
24. Februar 2025
Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Kriegsbeginns gegen die Ukraine
FILharmonie Filderstadt-Bernhausen
Ansprache Oberbürgermeister Christoph Traub
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Beck,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Theobaldt,
sehr geehrte Herren Kollegen Dihm und Rommel,
sehr geehrte Mitglieder der Gemeinderäte in den Städten Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern,
sehr geehrte Mitwirkende und Verantwortliche der heutigen Gedenkveranstaltung,
meine sehr geehrte Damen und Herren,
Sie alle heiße ich hier in der Filharmonie zu unserer Gedenkveranstaltung herzlich willkommen.
Sehr geehrter Herr Erster Stellvertretender Bürgermeister Parkhomenko,
mein besonderer Willkommensgruß gilt Ihnen. Für uns ist es heute eine sehr besondere Ehre, dass Sie sich für uns Zeit nehmen und Sie diese Form der digitalen Begegnung und des Austauschs ermöglichen.
Darin schließe ich alle Menschen in unserer Partnerstadt Poltawa und der Ukraine ein. Ihnen allen gilt unsere Solidarität, Ihnen allen gilt unser Wunsch nach Frieden und diesem Zeichen gilt unser heutiges Zusammenkommen. Das ist die im Moment stärkste Ausdrucksform, die wir auf unserer Ebene haben, in dem wir zusammenstehen, zeigen und formulieren, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine Unrecht ist, Menschen tötet und unsägliches Leid über Städte und Gemeinden sowie deren Bewohnerinnen und Bewohner bringt.
Sehr geehrte Gäste,
seit nunmehr drei Jahren erschüttert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Welt. Die schrecklichen Geschehnisse bewegen uns in Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern ganz nah und besonders, weil wir ein konkretes Bild vor Augen haben. Wir sehen die Menschen in unserer Partnerstadt Poltawa. Menschen, die wir kennen, die wir Freundinnen und Freunde nennen. Eine Stadt, die wir kennen, von Bildern, aus Erzählungen oder weil wir schon dort waren.
Gleichzeitig führt uns dieses Bild die Entfernung vor Augen, die zwischen unseren drei Städten hier und unserer Partnerstadt Poltawa in der Ukraine liegt. Es ist – und das stelle ich ausdrücklich fest – eine Entfernung in Kilometern und keine Distanz in der Haltung und zwischen den Menschen.
Und dennoch formulieren wir aus der Ferne, haben Abstand zum Geschehen vor Ort. Bei manchen Formulierungen und Beurteilungen bin ich mir unsicher, ob sie uns überhaupt zustehen. Manches wirkt kühn, wenn man nur aus der Ferne redet.
Deshalb formuliere ich im Rahmen unseres heutigen Gedenkens und in digitaler Anwesenheit von Ihnen, sehr geehrter Herr Erster Stellvertretender Bürgermeister Parkhomenko, meinen Respekt und meine Achtung vor dem Mut und der Entschlossenheit der Menschen in Poltawa. Jede Bürgerin und jeder Bürger von Poltawa steht schon für sich, seine Familie und seine Nächsten vor so großen persönlichen Herausforderungen, die auf den Schutz und den Erhalt des eigenen Lebens gerichtet sind. Und darüber hinaus stehen Sie alle im Zusammenhalt füreinander ein zur Bewältigung der für uns nicht nachzuempfindenden Kriegssituation.
Damit tragen Sie eine wesentliche Last zur Bewältigung der Konflikte und Schwierigkeiten in unserer gemeinsamen Welt.
Aus dieser Schlussfolgerung dürfen wir eben nicht bei einer leichtfertig kühnen Haltung aus der Ferne stehen bleiben. Nein, der Krieg gegen die Ukraine und gegen unsere Partnerstadt, vor allem gegen die Menschen dort, verlangt uns eine dauerhafte und nicht nur so daher gesagte Haltung ab.
Bei der diesjährigen Gedenkfeier begleiten uns die aktuellen schrecklichen Ereignisse, von denen Poltawa am ersten Februarwochenende betroffen und buchstäblich getroffen war.
Der jüngste Angriff auf Poltawa mit 15 Toten – darunter drei Kinder-, 17 Verletzten sowie beschädigten und zerstörten Wohnhäusern, inklusive eines Kindergartens, zeigen einmal mehr, wieviel unermessliches Leid dieser Krieg über das Land und die Menschen bringt.
In diesen schweren Zeiten gilt es Flagge zu zeigen, ein Zeichen der Solidarität zu setzen und auch den Opfern zu gedenken. Unser Zusammentreffen heute hier in Filderstadt ist im wahrsten Sinne des Wortes auch ein Zusammenstehen, ein symbolisches Miteinander sowie eine Demonstration für Frieden, Freiheit, Demokratie und Freundschaft.
Wir setzen auch ein Zeichen, um deutlich zu machen, wer diesen völkerrechtswidrigen Krieg ausgelöst hat und wer ihn bis heute völkerrechtswidrig führt. Russland hat die Ukraine angegriffen, eine Wahrheit, die es festzuhalten gilt.
Es ist völlig absurd, wie Ende vergangener Woche geschehen, einem so angegriffenen demokratischen Staat von außen vorzuwerfen, er würde bewusst seine Demokratie aussetzen und das vor Kriegsausbruch demokratisch gewählte Staatsoberhaupt würde eine Wahl umgehen.
Wer zu einer solchen Einschätzung kommt, verkennt die konkreten weltpolitischen Zusammenhänge und Ursachensetzungen.
Einem völkerrechtswidrig angegriffenen demokratischen Staat vorzuhalten, er würde seine Demokratie nicht leben, ist mehr als ein Affront. Nichts lieber würden die Menschen in der Ukraine tun, als in Frieden und Freiheit ihren demokratischen Staat weiter selbstbestimmt zu bauen und nach ihren demokratisch verfassten Grundsätzen weiterzuentwickeln. Dieser Möglichkeit hat man sie vor drei Jahren beraubt, weshalb vor einem Weiterbauen der Wiederaufbau steht.
Nur zur Erinnerung, Artikel 1 der ukrainischen Verfassung erklärt die Ukraine zu einem souveränen und unabhängigen, demokratischen, sozialen Rechtsstaat. Artikel 5 der Verfassung definiert die Ukraine als Republik.
Dafür stehen wir heute mit ein, dass Souveränität und Unabhängigkeit zurückkehren, damit Frieden einkehrt und ein demokratischer, sozialer Rechtsstaat wieder aufgebaut werden kann.
Diesem Ziel gelten die vielen solidarischen Hilfs- und Unterstützungsangebote. Dass wir diese fortführen und aufrechterhalten, können wir heute nach dem uns möglichen Maß zusagen und auf diesem direkten Wege nach Poltawa signalisieren.
Wir sind dankbar für Hilfe und Unterstützung, die aus unserer Bevölkerung bis zum heutigen Tag in vielerlei Hinsicht geleistet und erbracht wird. Damit stellen wir uns nach unseren Möglichkeiten dem Geschehen entgegen und zeigen auch mit der heutigen Gedenkveranstaltung, dass wir uns mit dem Krieg gegen die Ukraine sowie den Angriffen auf unsere Partnerstadt Poltawa und damit den Menschen dort nicht abfinden. Schon gar nicht werden wir uns daran gewöhnen.
Als sichtbares Zeichen unserer Solidarität sind und bleiben an vielen Stellen unserer Städte ukrainische Flaggen gehisst.
Wir sind heute zusammengekommen, um der unveränderten Haltung und Solidarität mit der Ukraine Ausdruck zu verleihen. Wir setzen damit ein Zeichen für die Menschen in Poltawa und der Ukraine.
Mit diesem Zeichen sagen wir aber auch Danke an alle Menschen, Vereine, Kirchen, Unternehmen und Institutionen in den Städten Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern, deren Hilfe und Unterstützung bis zum heutigen Tage ungebrochen ist.
Wir können die Frage nach Frieden heute nicht beantworten. Dies steht nicht in unserer Macht. In unserer Verantwortung steht aber die Aufforderung, dass Frieden werden muss, weil ein Leben im Krieg nicht möglich ist.
Die Sorge des Krieges ist von den Menschen zu nehmen, damit Lebenschancen wachsen können und für viele Menschen ihre Heimat zum Ort des Friedens wird.
Ich formuliere dies auch für uns, denn der Krieg in Europa bedroht uns mit.
Im Gedenken und zur Erinnerung an die vielen Opfer, die dieser Krieg in der Ukraine gefordert hat, bitte ich Sie um eine Minute des Schweigens.
– Schweigeminute –
Vielen Dank.