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25. August 2025Rede zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs zum Doppelhaushalt 2026/2027 der Stadt Filderstadt
Sitzung des Gemeinderates der Großen Kreisstadt Filderstadt
Montag, 3. November 2025; 18.00 Uhr
Oberbürgermeister Christoph Traub
-es gilt das gesprochene Wort-
Sehr geehrte Stadträtinnen,
sehr geehrte Stadträte,
liebe Jugendgemeinderätinnen und Jugendgemeinderäte,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Beck,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Theobaldt,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
ich wähle diese Abfolge der Anrede, um von Beginn meiner Haushaltseinbringungsrede an deutlich zu machen, an wen sie sich maßgeblich richtet. Nämlich an Sie als Gremium und Hauptorgan unserer Stadt, an das in der Haushaltplanberatung beteiligte Gremium des Jugendgemeinderates und die Bevölkerung bzw. die Öffentlichkeit, in deren Verantwortung wir auch und gerade über den Haushalt stehen.
Was wir mit der heutigen Tagesordnung auf die kürzeste Formel aller Tagesordnungen des Jahres 2025 zusammengefasst haben, ist zugleich die umfassendste und komplexeste Aufgabenstellung für uns als Verwaltung und Sie als Gremium Gemeinderat im gesamten Sitzungsszenario, jetzt und aktuell sowieso. Bestenfalls soll daraus in Beratungen etwas entstehen, das für uns in der Zusammenarbeit ein Arbeitsprogramm ist und abschließend in einem Satzungsbeschluss das regelt, was für unsere Stadt und deren Bevölkerung in den Jahren 2026 und 2027 konkret werden soll.
Mit der heutigen Haushaltseinbringung haben wir die Phase des Haushaltsplanentwurfs abgeschlossen. Sie als Gremium erhalten heute die Grundlagen für die Haushalts-Beratung und den Haushalts-Beschluss.
Um diese Zeitphase, die ich gerade in wenigen Worten beschrieben habe, zu umfassen, braucht die Gemeindehaushaltsverordnung des Landes Baden-Württemberg 69 Paragrafen. Ein Dickicht von Vorschriften, das kaum zu durchschauen ist. Hinzu kommen kaum mehr begreifbare politische und gesellschaftliche Einflüsse aus dem In- und Ausland.
Zu den Begriffen: Haushaltsplanung | Haushaltseinbringung
Mit der Haushaltsplanung werden alle Einnahmen und Ausgaben des „Konzerns Stadt Filderstadt“ erfasst. Für einen Doppelhaushalt für eben zwei Jahre, so bei uns nun für 2026 und 2027. Darüber hinaus gibt es einen Ausblick auf die sogenannte mittelfristige Finanzplanung. Wir schauen diesmal bis 2030 voraus.
So schwer das ist, haben wir alle Geldbeträge darzustellen, von denen wir wissen und es belegen können, dass sie uns zufließen und auch jene, die abfließen sollen und auch werden. Jede und jeder soll wissen können, wie die öffentlichen Mittel verwendet werden, die Filderstadt zur Verfügung stehen. Der Doppelhaushalt 2026/2027 – wie jeder Haushaltsplan – ist nicht nur Zahlenwerk, sondern hat die Funktion eines Handlungsprogramms.
Das ist im Übrigen Demokratie und ist Ausfluss der kommunalen Finanzhoheit, die im Grundgesetz und der Landesverfassung Ba-Wü verankert ist. Allen Städten und Gemeinden ist eine ausreichende Finanzausstattung zugesagt, in Steuern, Gebühren, Beiträgen, usw.. Davon bestreiten Kommunen eigenverantwortlich ihre Ausgaben wie Personalausgaben, Sachausgaben, öffentliche Investitionen, Sozialleistungen, uvm..
Ein Haushaltsplan stellt dies in Zahlen dar. So wird aus eingehenden Erträgen und abfließenden Aufwendungen letztlich ein rechnerisches Ergebnis. Was sich aber hinter den Zahlenreihen verbirgt, ist schwer zu verstehen.
Insoweit ist es kein haltloser Vorwurf an politische Abläufe festzustellen, dass eine städtische Haushaltssatzung aktuell nur noch von der kommunalen Aufsichtsbehörde, der Kommunalverwaltung selbst, den Mitarbeitenden der Verwaltung, die mit ihrer Aufstellung und Prüfung befasst sind, sowie den Mitgliedern des Gemeinderates erfasst werden kann und verstanden wird.
Regeln machen aber nur Sinn, wenn sie allgemein verstanden werden können. Deshalb lege ich in meinem Teil der Haushaltseinbringung – gerade jetzt und dieses Jahr – Wert darauf zu erklären, um verstanden zu werden.
Haushaltseinbringung | die Kunst, das in Worte zu fassen, was Zahlen ausdrücken
Ich will Ihnen, bevor Herr Braunmüller das Zahlenwerk vorstellt, in Worten erläutern, welche Grundlagenarbeit wir gemacht haben, welche Grundsätze wir angelegt haben, welche Rahmenbedingungen uns gegeben oder auch aufgezwungen wurden, worin unsere strukturellen Herausforderungen liegen und wie wir diesen begegnen möchten.
Zahlen lügen nicht, das wird landläufig behauptet. Zahlen genießen mehr Autorität und mehr Wahrheitsgehalt als das gesprochene Wort. Das aber nur so lange, bis sie interpretiert werden.
Ein Doppelhaushalt ist viel zu komplex und kompliziert, als dass er sich auf eine Zahl komprimieren lassen würde und in weiten Teilen ist er eine Vorausschau, eine Annahme, also nicht final belegbar. Das wiederum könnte unseren Haushaltsplanentwurf manipulierbar machen, von Floskeln und Verallgemeinerungen ausnutzbar – und genau das will ich vermeiden.
Deshalb erkläre ich, was politisch Verantwortliche auch müssen. Es gibt Strukturprobleme, die sich nicht mit einem angerissenen Schlagwort erklären und schon gar nicht lösen lassen.
Wie schon in den vergangenen Jahren erläutert, steckt der Haushalt bzw. Doppelhaushalt der Stadt Filderstadt in einem Strukturproblem, das ich heute nochmals benennen und einen Lösungsweg aufzeigen werde.
Ich werde also keine der gängigen Statistik-Tricks anwenden, um vom eigentlichen Problem abzulenken. Also nicht mehr Drama, zur Effekthascherei. Keine Durchschnittswerte, um Ungleichheiten zu verschleiern oder Trugschlüsse zu begründen. Und auch keine großen Zahlenwerte herausstellen, relativieren oder gar damit angeben.
Kurzum: Zahlen können in gleicher Weise manipulativ eingesetzt werden, wie ausgesprochene Worte. Mit dem Doppelhaushalt 2026/2027 wollen wir weder manipulieren noch Unrichtiges formulieren und schon gar nicht spekulativ sein. Deshalb schildere und erkläre ich den Umgang mit dem Zahlenwerk. Das auch etwas ausführlicher als sonst, weil mir in der politischen Erklärkultur im Moment vieles zu kurz kommt.
Grundlagenarbeit | wie entsteht ein Haushalt
Wie gelingt aber das verbale Erklären eines Doppelhaushaltes, der sich auf rund 1.200 Seiten erstreckt, der sich mehrfach untergliedert und letztlich doch nur fünf Kapitel hat, nämlich
- Vorbericht 2026/2027
- Haushaltsplan 2026/2027
- Anlagen zum Haushaltsplan
- Stellenplan 2026/2027
- Wirtschaftspläne
Fünf Kapitel für 1.200 Seiten oder „umgerechnet“ für ein Haushaltsvolumen von rund 240 Mio. Euro. Diese Dimensionen sind für eine Mehrzahl der Einwohnerinnen und Einwohner Filderstadts kaum zu fassen. Deshalb ein Blick auf das Entstehen unseres Doppelhaushaltes, um ihn in den Grundzügen verstehen zu können.
Berechtigter Weise lässt sich fragen, warum der Haushalt einer Stadt überhaupt beginnt, eine Zeitangabe hat und scheinbar endet. Eine Stadt wie Filderstadt und auch keine andere Kommune beginnt jährlich bzw. alle zwei Jahre aufs Neue. Und schon gar nicht hat Filderstadt oder eine andere Gemeinde ein Ablaufdatum.
Das hat ganz unterschiedliche Gründe und auch Berechtigungen. Einerseits steht uns als Stadt nicht in jedem Jahr der selbe Geldbetrag zur Verfügung. Auch die Aufgaben, die wir als Stadt wahrnehmen sind nicht in jedem Jahr gleich. Zudem arbeiten wir mit Finanzen, die wir – und mit diesem „WIR“ meine ich Verwaltung und Gemeinderat – zweckgebunden-treuhänderisch einzusetzen haben. Schon aus diesem Grund ist ein Denken, Entscheiden und Handeln in Zeitabschnitten richtig, denn es stehen auch die Begriffe der Steuerung, der Transparenz und Kontrolle im Mittelpunkt. Letztlich – und deshalb das WIR – ist die Haushaltserstellung ein politischer Entscheidungsprozess, damit das Setzen von Prioritäten und konsequenterweise auch von Nachrangigkeiten.
So entsteht für uns als Verwaltung der finanzrechtliche Rahmen, in dem wir uns bewegen und die Legitimationsgrundlage dafür, welche der uns zur Verfügung stehenden Mittel wir in welchem Umfang wofür einsetzen. Auch, was nicht mit einem Finanzbudget belegt ist.
Ich beschreibe das so ausführlich aus aktuellem Anlass. Selbstredend ist mir klar, dass Ihnen hier im Raum und auch einer Mehrzahl der Bevölkerung das im Grunde ein klar verständliches Vorgehen nach gut eingeübten Regeln ist.
Um den Entwurf des Doppelhaushaltes, den wir heute einbringen, verstehen zu können und damit auch die strukturellen Probleme, die wir in diesem Zusammenhang beschreiben sowie die Fragestellungen der anstehenden Beratungen, braucht es diese allgemeinen Einführungen.
Denn schon der Einstieg in die Erstellung eines kommunalen Haushaltes folgt heute nicht mehr den Ausführungen in den Lehrbüchern unserer Verwaltungsschulen und Hochschulen.
Um etwas in die Comic-Sprache abzuschweifen. Nach der reinen Lehre hätte der heute einzubringende Doppelhaushalt so entstehen müssen:
Wir öffnen die von unserer Stadtkämmerei gut bewachten, schweren Türen unseres Geldspeichers, machen mit dem Inhalt kleinere und größere Häufchen im weiten Raum, hängen daran jeweils Zettel auf denen die Aufgabe steht, die mit dem jeweiligen Münzen- und Scheinturm umgesetzt werden soll. Auf dem Zettel wird neben der Aufgabe auch vermerkt, welche Personen aus dem Pool der Beschäftigten dafür verantwortlich sind, sie also umzusetzen haben. Und wenn ein Häufchen zu klein ist, geht der Blick in den Geldspeicher eines örtlichen Kreditinstituts, ob von dort eine Ergänzung erfolgen kann.
So die Lehre: Finanzmittel werden Aufgaben und Beschäftigten zugeordnet.
Heute läuft es konträr anders und das ist auch der Grund, weshalb wir in Filderstadt neben fast allen anderen Kommunen bundesweit eine strukturelle Schieflage monieren.
Ich setze die Comic-Sprache fort, weil sie mir verständlich erscheint. Der Zugang zu den großen, schweren Türen unseres Geldspeichers ist nicht mehr frei. Die Türen sind verbarrikadiert mit Paketen, großen und kleinen, die kontinuierlich bei uns eingehen und dort abgelegt werden. Diese Pakete haben die Eigenschaft, dass sie Dinge beinhalten, die wir gar nicht bestellt haben. Sie lassen sich aber erst von der Tür wegbewegen, wenn die im Geldspeicher sitzende Stadtkämmerei vorab durch den Briefkastenschlitz die Geldmenge herausgibt, die für den Gegenwert des Paketes steht. Dann lässt sich das Paket von ein oder mehreren Beschäftigten unserer Verwaltung hochheben und zur Seite tragen. Diese müssen es aber hochhalten, dürfen es nicht mehr abstellen, weil es sonst wieder vor die Tür fällt. Für etwas anderes haben sie aber keine Hand mehr frei.
Sind die großen, schweren Türen so freigeräumt, zeigt sich wenig verbliebenes Finanzmaterial, um Häufchen zu bilden, um sie unverändert vorhandenen Aufgaben mit bereits anderweitig tragendem Personal zuzuordnen.
So die Realität: es gibt eine überbordende Außenverpflichtung an Aufgaben, die unsere Ressourcen in Finanzen und Personal vorab binden. Wir arbeiten politisch initiiert, aber gegen die Lehre, indem wir nicht Aufgaben den Ressourcen zuweisen, sondern Ressourcen den Aufgaben.
Die Steigerung dessen erleben wir auch regelmäßig. Immer dann, wenn der Gesetzgeber Rechtsansprüche formuliert. Denn dort werden von ihm in erster Linie Standards gesetzt, dann erst folgt die Finanzierung und zum Schluss der Personalschlüssel und Personalbedarf. Wenn dann Geld oder Personal fehlt, schraubt man die Standards nach unten, die der Bevölkerung aber längst versprochen sind.
Optimisten können selbst angesichts dieser neuen Realität immer noch zu der Einschätzung kommen: „Na und, was soll´s?“
Wir als Kommune können diese Haltung nicht einnehmen, denn § 77 Gemeindeordnung Ba-Wü hält an dem Prinzip der stetigen Aufgabenerfüllung fest. Dieses Prinzip besagt, dass die Gemeinden verpflichtet sind, ihre Finanzen so zu planen und zu verwalten, dass sie ihre Aufgaben langfristig, bestenfalls ewig, erfüllen können.
In diesem Widerspruch der kommunalen Selbstverwaltung stehen wir und er ist die Zuspitzung der strukturellen Probleme der kommunalen Haushalte. Wenn sich Kommunen hierzu zu Wort melden, ist dies kein Jammern, sondern das Einstehen für die grundgesetzliche Garantie angemessener kommunaler Finanzausstattung, die im Moment durch überzogene Aufgabenlast und immer mehr Aufgabendelegation ausgehöhlt wird.
Ich werbe dafür, dass das verstanden wird, bei allen Beteiligten. Bei Ihnen werbe ich dafür, dass Sie das in den bevorstehenden Beratungen abstrakt im Hinterkopf behalten. Denn es wäre ja geradezu eine Selbstaufgabe und eben nicht im Sinne der garantierten Selbstverwaltung, wenn wir zugunsten der von Bund und Land nicht durchfinanzierter Aufgabenzuweisungen vorschnell Verzicht erklären würden. Oder deutlich: wenn wir Leistungen für unsere Bevölkerung auch durch aufgebenden Personaleinsatz entfallen lassen, um Berlin und Stuttgart zu signalisieren, die dortige Praxis setzen wir bereitwillig um.
Mit dieser Bemerkung bin ich am Ausgangspunkt der Erarbeitung des heutigen Entwurfs des Doppelhaushaltes 2026/2027 angelangt. Denn immerhin liegen schon rund acht Monate gemeinsame Wegstrecke der Haushaltsplanerstellung hinter uns. Im März waren wir gemeinsam auf Klausur. Daran angeschlossen haben sich die sogenannten Mittelanmeldungsgespräche. Diese beinhalten einerseits die Vorbereitung in den einzelnen Fachbereichen unserer Verwaltung, welche Aufgaben und Investitionen in den kommenden beiden Jahren zur Umsetzung anstehen. Daran schließt sich die Bildung konkreter Budgets an und letztlich deren Finanzierbarkeit.
Weil im März schon klar auf der Hand lag, dass wir allenfalls einen genehmigungsfähigen, keinesfalls einen ausgeglichen Doppelhaushalt 2026/2027 erreichen werden, haben wir als Verwaltung Ihnen für ein Gegensteuern keine Zukunftssicherung im alten Stil vorgeschlagen, sondern ein ebenfalls strukturiertes Vorgehen in drei Schritten:
- Schritt 1: Aufgabenkritik
- Schritt 2: Standards
- Schritt 3: Strukturanpassung
Diesem Vorschlag sind Sie als Gremium dankenswerter Weise gefolgt und haben uns auch entsprechend beauftragt. Da dies drei wesentliche Schritte der Haushaltskonsolidierung sind, berichte ich Ihnen heute mit Haushaltseinbringung, wo wir jeweils stehen.
Aufgabenkritik
Hierzu habe ich in Zusammenarbeit mit dem Haupt- und Personalamt (HuPA) unmittelbar nach unserer März-Klausur alle Ämter, Referate und Eigenbetriebe unserer Verwaltung gebeten, die eigene Aufgabenwahrnehmung kritisch zu prüfen. Dies auch übergreifend im Verwaltungsquerschnitt. Daneben ist eine übergeordnete Aufstellung von mir und dem HuPA erarbeitet worden. Bis zur Sommerpause ist so eine Liste mit über 160 Vorschlägen entstanden, die wir verifiziert und am 13. Oktober 2025 mit den Fraktionsvorsitzenden angesprochen – nicht besprochen – haben. Im Moment stimmen wir mit den Fraktionsvorsitzenden das Procedere ab, wie diese Aufstellung in eine Vorlage gefasst und parallel zu den Haushaltsplanberatungen in den Gremienlauf eingebracht werden kann.
Standards
Wenn ich im Zusammenhang mit der Haushaltseinbringung und Haushaltskonsolidierung den Begriff „Standards“ verwende, benennt dieser Begriff Art, Güte und Umfang, mit der wir die für uns festgelegten Aufgaben ausführen.
Ausdrücklich erwähne ich, dass die Standards der Führungsaufgabe und die Standards von Prozessen und Abläufen davon nicht losgelöst sind, diese aber mittlerweile in ständiger Bearbeitung innerhalb der Verwaltung als Organisations- und Personalaufgabe verortet sind.
Die Überprüfung von Standards wird eine Daueraufgabe sein. Angewandt wird sie künftig bei allen Aufgaben, die wir als Freiwilligkeitsleistung wahrnehmen oder als weisungsfreie Pflichtaufgaben. Gleiches gilt für Umsetzungsstandards im investiven Bereich. Also, bspw. Standards in Wettbewerben, Infrastruktur und Liquiditätsmanagement.
Strukturanpassung
Seit Durchführung der Verwaltungsstrukturanalyse sind Strukturanpassungen innerhalb unserer Verwaltung bereits ein laufender Prozess.
Der aktuelle Zwischenstand besagt, dass wir die Fortschreibung unseres Integrierten Nachhaltigen StadtEntwicklungsKonzeptes (INSEK) auf den Weg gebracht haben. Hier hat im Rahmen unserer März-Klausur eine erste Arbeitsgruppensitzung stattgefunden. Der Fortgang des Prozesses ist terminiert. Sie finden im Sitzungskalender 2026 die Fortsetzung der Arbeitsgruppenphase während der Haushaltsplanberatungen Mitte Januar 2026 dargestellt.
Die Aufgabe der Neudefinition unserer Referatsstruktur ist in Dezernat 1, also meinem Dezernat, weitestgehend abgeschlossen.
Eine dritte Hausaufgabe war, sich der Größe des ehemaligen Amtes für Familie, Schulen und Vereine anzunehmen. Auch dieser Strukturprozess ist abgeschlossen.
Die vierte und zunächst letzte Aufgabenstellung von KIBU ist die Umsetzung eines zentralen Gebäudemanagementes. Diese Strukturanpassung betrifft alle drei Dezernate, maßgeblich aber die Dezernate 2 und 3, also das Dezernat von Herrn Erster Bürgermeister Beck und Herrn Bürgermeister Theobaldt. Auch hier sind die verwaltungsinternen Vorüberlegungen abgeschlossen. Folglich werden wir während der Haushaltsplanberatungen eine Vorlage einbringen, nämlich am 24. November 2025 im Verwaltungsausschuss.
Bitte ersehen Sie daraus, dass wir heute Abend nicht nur einen Haushaltsplanentwurf einbringen, den wir in den vergangenen acht Monaten erarbeitet haben, sondern parallel alle beratungsrelevanten Erfordernisse vorbereitet haben, um die offenkundigen Herausforderungen unseres städtischen Haushaltes zum Wohle unserer Stadt und damit der Bevölkerung zu bewältigen.
Diese drei Konsolidierungsschritte haben nach meiner und unserer Auffassung auch Vorrang vor der Positionierung neuer, bislang nicht beschlossener Maßnahmen. Deshalb enthält meine Rede auch nicht die Aufzählung von Einzelprojekten. Unsere Anstrengung gilt der Umsetzung des bereits auf den Weg gebrachten.
Grundsätze | was muss, das muss
Nähern wir uns nun aber unserem konkreten Haushaltsplanentwurf. Dieser folgt den Grundsätzen, die in Baden-Württemberg für alle Kommunalverwaltungen gelten.
Die stetige Aufgabenerfüllung hatte ich bereits erwähnt. Auch bei uns gilt das Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot, die Berücksichtigung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts sowie das mittlerweile verpflichtende Neue Kommunale Haushaltsrecht (NKHR).
Ein weiterer Grundsatz, der weniger oft erwähnt und deshalb weniger bekannt ist, ist der Grundsatz der Einnahmenbeschaffung. Einnahmen zu beschaffen ist ja auch kein angenehmes Thema, weil es in den überwiegenden Fällen mit Belastungen derjenigen einhergeht, die man nicht belasten will. Nämlich Bürgerinnen und Bürger, Unternehmerinnen, Unternehmer und Unternehmen und solche Dritte, die Leistungen der Stadt Filderstadt in Anspruch nehmen. Sie merken, ich spreche von Beiträgen, Gebühren und Steuern. Auch dazu haben Sie bereits Vorschläge von uns erhalten (Hundesteuer, Vergnügungssteuer) und Sie werden im Zuge der Haushaltsplanberatungen zu weiteren Steuerarten weitere Vorschläge erhalten. Darauf haben Herr Braunmüller und ich seit der vergangenen Haushaltsbeschlussfassung mehrfach offen und transparent hingewiesen. Das ist ein Haushaltsgrundsatz, keine politische Überzeugung, letztlich aber eine haushaltspolitische Entscheidung. Denn wir als Stadt Filderstadt haben sicherzustellen, dass wir die notwendigen Finanzmittel zur Erfüllung der von uns in den Haushalt aufgenommenen Aufgaben auch beschaffen.
Was wir mit dem nun vorgelegten Haushaltsplanentwurf im Blick behalten, ist die Daseinsvorsorge. Sie gilt es zu sichern, auch über die Jahre 2026 und 2027 hinaus. Das wird schwer genug, denn die Kommunen allein tragen mittlerweile rund 50% der öffentlichen Investitionen.
Wir halten an diesem Prinzip fest, weil wir in und für Filderstadt darin auch einen wesentlichen Ankerpunkt für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft erkennen. Wo, wenn nicht auf kommunaler Ebene, also direkt vor Ort, erkennen Menschen, ob der Staat, also ihr Staat, funktioniert.
Deshalb ist der Haushaltsplan nicht nur ein Zahlenwerk, sondern in meinen Augen auch ein Handlungsprogramm, das nachvollziehbar, erkennbar und auch erfüllbar sein muss. Filderstädterinnen und Filderstädter müssen sich darauf verlassen können, dass die Dinge, die im Haushaltsplan angelegt sind, auch umgesetzt werden. Darauf habe ich alle Verantwortungsträger in der Verwaltung nochmals hingewiesen. Wir müssen die Systematik der Mittelübertragungen durchbrechen. Unser Haushalt muss nach innen und außen ein verlässliches und realistisches Arbeitsprogramm sein. Darin steckt zugleich die Aussage, dass er eben auch transparent machen muss, was nicht geleistet werden kann, weder finanziell noch personell.
Dass wir als Stadt Filderstadt noch in der Lage sind, dies so offensiv zu beschreiben, haben wir der Unternehmens- und Bevölkerungsstruktur unserer Stadt zu verdanken. Sie machen im Wesentlichen die Leistungsfähigkeit unserer Stadt aus. Die Rahmenbedingungen der Wirtschaft sind deshalb auch die Rahmenbedingungen unseres städtischen Haushaltes.
Rahmenbedingungen | die wirtschaftliche und geopolitische Lage
„Es fällt das Laub, die Lage auch“, mit dieser Feststellung startet die Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen der IHK Region Stuttgart in die Auswertung der Konjunkturumfrage Herbst 2025.
Demnach bleibt der Aufschwung, den sich die Wirtschaft ganz allgemein nach der zurückliegenden Bundestagswahl erhofft hat, aus. Der versprochene Elan und der angekündigte Herbst der Reformen wird mit wenig Hoffnung auf tatsächliche Veränderung erwartet. Die kaum mehr zu beurteilende Lage weltweiter Krisen und Kriege, sich ständig ändernde Machtverhältnisse und kaum mehr konstante internationale Beziehungen lassen die für einen stabilen Wirtschaftsstandort dringend erforderlichen Konstanten entfallen.
Das sogenannte Sondervermögen wird nicht nur von uns Kommunen dringend erwartet, sondern auch von der regionalen Wirtschaft, die sich davon Investitionen gerade auch in den Standort erhofft.
Auch wenn sich Pessimismus und Optimismus je nach Branche in Summe die Waage halten, spricht die Wirtschaft noch nicht von einer Trendwende. Dies gilt mit Blick auf die Unternehmen selbst, aber auch mit Blick auf die Unternehmensinvestitionen und auch hinsichtlich der Lage auf dem Beschäftigungsmarkt.
Breit angelegte Skepsis ist das Ergebnis.
Aufgabenzuweisungen | zwischen Selbstverwaltung und Sondervermögen
Skepsis ist auch der Begriff, der in geeigneter Weise umschreibt, wie wir als Kommune immer weniger mit den Aufgabenzuweisungen von Bund und Land umgehen können. Die aktuellen Initiativen der kommunalen Landesverbände sowie der Landeshauptstädte sind Ihnen durch Presseveröffentlichungen bekannt.
Es ist wenig beruhigend, sondern eher erschreckend, dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung durch das Ausbringen von Sondervermögen gedeckt werden muss.
Das ist Systemfehler und Trugschluss zugleich. Systemfehler deshalb, weil die mangelhafte Finanzausstattung der Kommunen ein hausgemachtes Problem der Aufgabenzuweisung und Rechtsansprüche von Bund und Land ist. Trugschluss, weil es der Bevölkerung suggeriert, es sei hinreichend genug Geld im System.
Mir persönlich wäre es deshalb auch lieber gewesen, die vor rund drei Wochen zwischen Land und Landesverbänden für uns Kommunen gefundene Vereinbarung zur Verteilung des Sondervermögens wäre nicht derart bejubelt worden, wie dies getan wurde.
Denn verteilt wurde mal wieder, was noch gar nicht vorhanden ist. Das bringt uns als Kommunen erneut in Schwierigkeiten, denn in der Bevölkerung entsteht durch derartige Frohlockensbotschaften der Eindruck, dass die Konten der Stadt gut gefüllt sein werden.
Tatsache ist hingegen, dass noch nicht einmal geklärt ist, wie die Teilbeträge aus dem Sondervermögen überhaupt nach Baden-Württemberg gelangen werden. Deshalb hilft es unserem Haushalt auch nicht, wenn wir wissen, wir bekommen als Kommunen in Summe rund 66%. Es stellt sich die Frage von was und nach welchen Kriterien. Uns Kommunen wäre ab und an mit weniger Landtagswahlkampf und mehr Realitätsbewusstsein auch mehr geholfen.
Also, zum Sondervermögen sind wir weiterhin in Wartestellung. Und ich bleibe dabei, ein Sondervermögen ist eine Vermögenszuweisung für einen Sonderfall. Die kommunale Selbstverwaltung und damit die Finanzhoheit einer Kommune ist aber der grundgesetzliche Normalfall, den ich als Forderung von Städtetag und Gemeindetag gegenüber Bund und Land erwarte.
Strukturelle Herausforderungen | stabile Erträge, aber steigende Aufwendungen
Nein, ich verharre nicht im Fingerzeig gegenüber Bund und Land. Das wäre zu einfach und auch unredlich. Die strukturellen Probleme und Fragestellungen unseres städtischen Haushaltes liegen auf der Hand.
Die Kurzfassung: das, was wir uns leisten, können wir selbst nicht mehr erwirtschaften.
Noch nie so deutlich wie mit dem jetzige Haushaltsplanentwurf wird uns vor Augen geführt, dass unsere haushaltsstrukturellen Probleme auf der Aufwandseite unseres Haushaltes liegen.
Auch wenn die Ertragsseite mit geringer werdenden Steuereinnahmen merklich abnimmt, stehen dem gewichtigere Beträge auf Seiten der Aufwendungen gegenüber. Aufwendungen sind aber nicht nur Personalkosten. Und Personalkosten sind nicht nur ein Übel oder ein Hebel zum Haushaltsausgleich, sondern sie sind im kommunalen Haushalt auch Spiegel der Leistungserbringung für die Bevölkerung.
Auch wenn man uns Kommunen mit der Doppik in haushalterischer Hinsicht den Unternehmen gleichgestellt hat, so sind wir es in einem Punkt nicht. Für ein Wirtschaftsunternehmen mag es in einer Finanzkrise der richtige Weg sein, Personal freizusetzen weil zumeist auch der Absatz an hergestellten Produkten sinkt. Das ist bei einer Kommune aber nicht der Fall. Unser Aufgabenumfang sinkt nicht, jedenfalls nicht von allein oder durch fehlende Abnehmerschaft. Deshalb haben Einsparungen an Personal immer auch Leistungsverluste für die Bevölkerung zu bedeuten.
Das werden wir zu besprechen, zu beraten und zu entscheiden haben. Meine Erwartung ist hier Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Wir als Verwaltung haben und werden hierzu Vorschläge unterbreiten. Aus diesen Vorschlägen erwarte ich aber, dass Sie als Gremium uns nicht das Wollen absprechen.
Es geht nicht darum, dass wir Leistungen für die Bevölkerung nicht mehr erbringen wollen, sondern wir beraten mit Ihnen, wo ein Einschränken aus Haushaltsgründen vertretbar sind.
Den Trend wenden | Signal von Einigkeit und Verantwortung
Nur eine Visualisierung habe ich zu dieser Rede vorbereitet und fast bis zum Schluss zurückgehalten.
Diese Schalterarmatur dürfte in den 50er Jahren hergestellt und montiert worden sein. Wo sie eingebaut ist, ist unerheblich. Aber seit rund 30 Jahren sitze ich immer wieder neben diesem Schalter, während des Essens. Und seit rund 11 Jahren ist seine Schalterposition unverändert.
Zuletzt saß ich am 25. Oktober neben diesem Teil und hatte erstmals den Eindruck, die Schalterstellungen zu verstehen. Sie sind sinnbildlich für unseren Haushalt und die Haushaltssituation der Kommunen in Deutschland.
Beide Schalterstellungen belegen die nicht mehr gegebene Handlungsfähigkeit. Gleich welche Seite, rechts oder links, es bewegt sich nichts. Verantwortung ist, das aufzulösen, bestenfalls in die richtige Richtung.
Die Präsidien der Gemeindetage von Baden-Württemberg und Bayern haben dies vor wenigen Tagen wie folgt formuliert:
„Was jetzt zählt, ist die Handlungsfähigkeit unseres Staates. Sie entscheidet sich maßgeblich an der Basis – in unseren Kommunen. Gerade die Kommunen innerhalb der Südschiene haben in den letzten 75 Jahren gezeigt, dass sie Zukunft erfolgreich gestalten und Daseinsvorsorge zuverlässig gewährleisten können. Bund und Länder sind deshalb aufgefordert unsere Städte, Märkte und Gemeinden zu stärken, Vertrauen zu schenken, Spielräume eröffnen und sie fit zu machen für die kommenden Jahre. Mit konstruktiven Lösungen. Gemeinsam mit uns. Wir sind dazu bereit.“
Filderstadt – und so habe ich die Haushaltsvorbereitungen mit Ihnen als Gremium und innerhalb der Verwaltung erlebt – ist es auch.
Die Konstante I Der Dank
Die Konstante einer jeden Haushaltseinbringung ist der Dank. Diesen formuliere ich zum Schluss.
Zuvorderst danke ich Ihnen als Gremium. Sie sind schon lange vor der heutigen Haushaltseinbringung in die Erarbeitung der Eckdaten eingebunden gewesen und haben zeitliche und inhaltliche Mühen auf sich genommen. Auch für die Öffentlichkeit erwähne ich nochmals die zweitägige Haushaltsklausur im vergangenen März sowie eine Sondersitzung im vergangenen Juli, eine weitere im zurückliegenden Oktober. Schon allein diese zeitliche Abfolge und der zeitliche Umfang für Sie im Ehrenamt zeigt die Bedeutung des für die Jahre 2026 und 2027 sowie die sich daran anschließende mittelfristige Finanzplanung zu beratenden und zu beschließenden Haushaltes.
Nach innen gilt mein Dank der Stadtkämmerei, die unter der Leitung von Herrn Braunmüller und in fachlicher Unterstützung von Herrn Manuel Beck sowie Herrn Kiedaisch die wohl herausforderndste Haushaltsplanberatung seit Bestehen der Stadt Filderstadt vor sich hat. Dieser Herausforderung begegnet sie mit verlässlicher Vorarbeit, tagaktuellen Analysen zu allen Gegebenheiten und Unwägbarkeiten sowie mit großem Sachverstand.
Meine Anerkennung und mein Dank gilt allen Beschäftigten unserer Verwaltung, die in und mit dieser Haushaltsplanberatung den Eindruck gewinnen könnten, dass konkret über ihren jeweiligen Arbeitsplatz beraten wird. Dennoch und auch deswegen tragen sie den von mir erwähnten Weg der Aufgabenkritik mit, gestalten ihn sogar – für Filderstadt. Das hat meinen ausdrücklichen Respekt und dem gilt mein Dank sowie die Anerkennung. Das formuliere ich sehr bewusst.
Darin eingeschlossen sind alle, die in unserer Verwaltung und für unsere Stadt Ressourcenverantwortung tragen. Danke, dass Sie mit den Ihnen zur Verfügung gestellten Ressourcen verantwortungsvoll umgehen.
Bitte erkennen Sie während Ihrer Fraktionsberatungen in dem Ihnen nun vorliegenden Haushaltsplanentwurf eine gemeinsam erarbeitete Grundlage. Erwartungsgemäß ist der Haushaltskonsolidierungsprozess auf den wir uns verständigt haben kein kurzfristig zu erledigendes Vorhaben. Für die Verwaltung jedenfalls habe ich die Ernsthaftigkeit dieses Weges hinreichend beschrieben.
Und just als ich das Wort „Ernsthaftigkeit“ schreibe, wird es um mich eher humoristisch. Daran lasse ich Sie teilhaben. Ich schreibe diesen Schlusstext am vergangenen Freitagabend in der Hotelbar eines Berliner Hotels, in dem ich zum Steueranwaltstag untergebracht war. Mich spricht der männliche Teil eines jungen Paares an, das am Nebentisch sitzt. Er fragte mich nach meinem Tun, denn sie würden mich beobachten und seine Begleiterin habe gewettet, dass ich Dan heißen, alleinstehender Autor aus Langeoog sei und einmal im Monat nach Berlin kommen würde, um mir Inspirationen für meinen neuesten Roman abzuholen, die ich jetzt gerade niederschreibe.
So also sieht das Schreiben einer Haushaltseinbringungsrede von außen aus. Den Irrtum habe ich angesichts der Haushaltslage aufgeheitert aufgeklärt.
So sehen Sie diese Haushaltsrede literarisch aufgewertet. Behalten Sie dieses Bild für Ihre Fraktionsberatungen.
Wenn Sie dies wünschen und den Bedarf erkennen, stehen Ihnen Herr Braunmüller und ich gerne zur Verfügung, Aber bitte haushaltsrechtlich, nicht literarisch.
Herr Braunmüller stellt Ihnen nun den Haushaltsplanentwurf in Diagrammen, Zahlen und mit weiteren Bewertungen vor.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Foto von der Rede, Quelle: Stadt Filderstadt, S. Köhler






