10.000 vollelektrische Kilometer – (m)ein OB Erfahrungsbericht

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10.000 vollelektrische Kilometer – (m)ein OB Erfahrungsbericht

Ruhe

Dieser Begriff beschreibt Anfängerfehler und ersten Eindruck zugleich.

Anfängerfehler deshalb, weil ich mir bei der Übergabe meines (ersten) vollelektrischen Autos selbstverständlich von dem mich beratenden Verkäufer den Zündschlüssel habe übergeben lassen, diesen spannungsvoll ins Zündschloss gesteckt und dann nichts hörend gefragt habe: „Läuft er schon?“

Mein erster Eindruck, an den ich mich noch gut erinnere, lag in der Ruhe. Denn ja, der Elektromotor war natürlich angeschaltet, das Losfahren möglich. Und selbst beim Losfahren: Ruhe. Das Teil rollt, fährt und ich höre – nichts. Kein Motorengeräusch, kein Innenraumlärm. Fast war ich versucht zu denken, fährst du noch oder schwebst du schon?

Diese Ruhe birgt aber auch eine Gefahr, die ich bald bemerkt habe. Menschen, die sich zu Fuß im öffentlichen Raum bewegen, tun dies traditionell nach Gehör. Das habe ich bis dahin auch gemacht. Es hat nicht lange gedauert, bis ich meine erste „knappe“ Begegnung mit einem Bediensteten einer Abfallbeseitigungsfirma hatte, der nach Gehör die Mülltonne vom Müllwagen aus auf die gegenüberliegende Straßenseite zurückbringen wollte. Auch für Fußgänger sind Elektroautos weniger an ihrem Geräusch wahrnehmbar, was ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit im innerstädtischen Verkehr bedarf.

Kraft

Eigentlich dachte ich ja, nach 30 Jahren ununterbrochenem Fahrerlaubnisbesitz habe ich das hinter mir. Aber das Feeling einer stufenlosen Antriebsübersetzung beim Losfahren an der Ampel in schon klasse. Das ist echter Fahrspaß, der zumindest auf den ersten Metern auch manchen hubraumgetränkten Verbrenner zweimal hinschauen lässt.

Jedoch gilt auch hier: Kraftabruf braucht Leistung und Leistung bedeutet Verbrauch, hier eben in kWh.

Ladeinfrastruktur

Verbrauch bedingt Aufladen und die Ladeinfrastruktur in Stadt und Landkreis war zu Beginn eine echte Herausforderung für mich. Zwischenzeitlich ist die Netzabdeckung jedenfalls in Filderstadt gut, muss mit zunehmendem E-Anteil aber weiter ausgebaut werden.

Selbstverständlich nutze ich in der Stadt die Ladepunkte der Filderstadtwerke in Kombination mit deren Ladekarte. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich dort FILDERSTROM ÖKO, also 100% Wasserkraftstrom aus europäischen Wasserkraftanlagen tanke.

Außerhalb ist die Verschiedenheit der Bezahlsysteme an Elektrotankstellen aber eine echte Herausforderung. Das verlangt buchstäblich nach Vereinheitlichung.

Reichweitenangst

Mit Schrecken denke ich noch daran, dass sich bei mir am Anfang bei Fahrten außerhalb der Stadt eine schiere Reichweitenangst eingestellt hat. Ich konnte überhaupt nicht einschätzen, wie viele Kilometer ich bei jeweiliger Ladekapazität noch zurücklegen kann und ob ggf. eine Auflademöglichkeit zur Verfügung steht. Einfach mal kurz an die Tanke fahren ging ja nicht mehr.

Routenplanung

Dass es dieses „bei Fahrtantritt noch kurz zum Auftanken fahren“ bei herkömmlichen Elektroautos zumindest noch nicht gibt, hat bei mir eine ganz neue Form der Routenplanung zutage gefördert. Selbst Fahrten im Landkreis und der näheren Region brauchen eine vorausschauende Ladekapazitätsplanung mit einigen Stunden oder halbtägigem Vorlauf. Das war für mich eine der größten Umstellungen.

Tankrespekt

Der ging und geht bei mir in zwei Richtungen. Einerseits davor, rechtzeitig eine Ladestation zu finden. Bei meinen Verbrennern war ich in der Vergangenheit nie so fixiert auf die Reichweitenangabe wie jetzt bei meinem Elektroauto. Das nimmt zwar ab. Aber ich erinnere mich noch gut an die Befürchtung, als zum ersten Mal die Anzeige der Reichweite auf 0 Km sprang und keine Ladestation in Sicht war. Kanister ist halt nicht! Im Zweiten aber auch der Respekt und die Aufmerksamkeit dafür, dass Ladestationen bislang maßgeblich in den bisherigen öffentlichen Parkraum eingreifen. Diese scheinbare Konkurrenz lässt sich aber auch nur schwer auflösen, ist sie doch sichtbares Zeichen der Verkehrswende.

Auch die Elektromobilisten untereinander brauchen Tankrespekt. Gilt es doch, die Ladesäule nach Beendigung des Tankvorganges wieder frei zu machen. Was an der Flüssigkraftstofftankstelle schiere Selbstverständlichkeit ist, klappt an der Elektrotankstelle noch nicht in jedem Fall.

Heiß & Kalt

Die Außentemperaturen nehmen zumindest bei meinem E-Smart nicht unerheblichen Einfluss auf Reichweite und Ladegeschwindigkeit. Im Moment geht dies mit dieser Antriebstechnologie einher und braucht deshalb auch nicht als ärgerlich thematisiert zu werden. Beachten muss man es halt, denn dieser Umstand verschärft die o.g. Erfahrungs- und Nutzungswerte.

Völlig vergessen

…habe ich, wie sich die Spritpreise in den vergangenen Monaten entwickelt haben.

10.000-Kilometer-Fazit

Das fällt zweigeteilt aus. In Stadt, Kreis und näherer Region möchte ich auf meinen kleinen Elektroflitzer nicht mehr verzichten. Bei Auswärtsterminen und größeren Reichweiten merkt man den Nachholbedarf an Mobilitätsinfrastruktur. So dass man leider sagen muss, dass im Moment ein Elektrokleinwagen eine zusätzliche Mobilitätsmöglichkeit zwingend erforderlich macht.